

Hey, Leute. Heute geht es um Ethik und um Verantwortung in der digitalen Welt. Kennt ihr Kant? Da ist er. Immanuel Kant. Seine zentrale Frage war: „Was soll ich tun?“ Und damit meinte er nicht: „Was soll ich tun?“ Sondern: „Wie verhalte ich mich richtig?“ Und seine Antwort? „Eigentlich müssen sich immer alle so verhalten, dass alles, was sie tun, ein Gesetz sein kann, das für alle gilt.“ Darum hat er schon 1785 den Kategorischen Imperativ gemacht: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Das klingt jetzt vielleicht etwas unnötig kompliziert, aber hey, es war auch 1785. Ihr versteht, was gemeint ist, oder? Kant wollte eine Regel, die überall und immer gültig ist, und vor allem unabhängig davon ist, was Einzelne oder Regierungen wollen. Für Kant waren alle Menschen gleich viel wert, unabhängig von ihrer Nützlichkeit – einfach, weil sie Menschen sind. Respekt und Würde gelten also für jeden, unabhängig von Nutzen, Status oder Leistung. Das ist der wichtigste Baustein moderner Menschenrechte. In unserem Grundgesetz ist es der erste und wichtigste Artikel. Okay. Aber was heißt das jetzt übertragen auf die digitale Welt? Ich gebe euch mal ein paar Beispiele. Fangen wir doch mal ganz oben an: Herr Zuckerberg. Einer der reichsten Menschen der Welt. Im Sommer 2024 hat Meta seine Nutzungsbedingungen geändert, um öffentliche Beiträge von facebook und Instagram-Nutzern für das Training seiner KI-Modelle zu verwenden. Natürlich im Kleingedruckten, dass liest sowieso keiner. Und genau das dürfen sie eigentlich nicht. Wenn jemand eure Daten verwenden will, muss er das laut Gesetz deutlich und einfach verständlich anfragen, es sei denn, es besteht ein berechtigtes Interesse. Und natürlich hat Meta sich genau auf dieses berechtigte Interesse berufen. Na ja, was das berechtigte Interesse an diesem Fall war, kann ich mir natürlich denken. Und seitdem verwendet Meta eine gigantische Menge an Nutzerdaten, um seine KI zu trainieren und zu optimieren. Daten, die ohne das Wissen fast aller Nutzer:innen erhoben werden. Die daraus entwickelten Algorithmen sollen das Verhalten der Nutzer:innen beeinflussen, indem sie personalisierte Werbung, Inhalte und Empfehlungen steuern. Hm, was würde man dazu sagen? Zuerst würde er wahrscheinlich versuchen, eine Maxime, also eine für alle geltende Regel, zu diesem Verhalten zu finden. Zum Beispiel: Es ist akzeptabel, Nutzerdaten zur Schulung von KI-Modellen zu nutzen, solange dies den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens fördert. Würde Zuckerberg wollen, dass seine eigenen Daten einfach so zur Schulung Fremder für dieses Thema genutzt werden? Er ist ja ziemlich reich. Banken würden ihre KIs wahrscheinlich richtig gerne mit seinen Daten schulen. Vermutlich fände er das nicht so gut. Das ist also eine klare Abweichung vom Kategorischen Imperativ, weil Nutzer:innen hier bloß als Mittel für unternehmerische und technologische Zwecke verwendet werden, anstatt als Menschen mit Rechten und Würde respektiert zu werden. Meta verhält sich also nach Kant unethisch. Und wie ist das bei uns Normalos? Viele Leute machen eine Riesenshow daraus, wenn sie sich auf Social Media zeigen, um Anerkennung zu erhalten. Aber kaum jemand spricht darüber, dass das oft unter krassen psychologischen Druck passiert. Viele fühlen sich gestresst, weil sie nicht genug Likes oder Kommentare bekommen. Oder sie posten Inhalte, die ihnen überhaupt nicht wirklich entsprechen, damit sie besser dastehen. Social Media beeinflusst das Selbstwertgefühl von viel zu vielen Leuten. Und vor allem, wenn es um Vergleiche mit Influencern geht. Psychologische Studien zeigen, dass soziale Vergleiche und der Drang nach Bestätigung psychischen Stress verstärken. Kant würde vermutlich sagen, dass die allgemeine Regel wäre: „Es ist wichtig, sich perfekt darzustellen, um gesellschaftliche Akzeptanz zu erlangen.“ Ganz schön albern, oder? Was meint ihr? Passt das zum Kategorischen Imperativ? Fassen wir also zusammen: Viele Unternehmen und auch einzelne Leute benutzen andere nur als Mittel zum Zweck, also um reich zu werden oder um Likes zu bekommen, anstatt sie als gleichwertige Menschen zu respektieren. Viele Verhaltensweisen im digitalen Raum sind nur für Einzelne und nur für ganz kurze Zeit nützlich. Sie funktionieren überhaupt nicht als allgemeines Gesetz. Trotzdem ändert kaum jemand was. Ich finde gut, dass Kant meint, man sollte über alles, was man tut, wenigstens kurz nachdenken. Das machen eh viel zu wenige. Aber ich finde, dass ethisches Verhalten auch im digitalen Raum möglich ist. Man muss sich eben bewusst machen, was die Konsequenz des eigenen Verhaltens ist. Und vermutlich müsst ihr auch irgendwann die Entscheidung treffen, ob ihr ein guter oder ein schlechter Mensch sein wollt. Also lass uns mal klären, wie ethisches Verhalten online aussieht. Überlegt doch bei allem, was ihr postet, was Kant sagen würde. Prüft die Quellen, wenn ihr News oder Memes shared, damit weniger Fake News verbreitet werden. Glaubt mir, je weniger Fake News verteilt werden, desto besser fühlen sich alle am Ende. Vor allem ihr selber, weil ihr wahrhaftig seid und Verantwortung für die Wirkung eurer Handlungen übernehmt. Werdet aktiv, wenn ihr online auf Cybermobbing, Hassrede oder auf Diskriminierung stoßt und unterstützt die Betroffenen. Sei es auch nur online und meldet diese fiesen Inhalte. Unterstützung kann schon ein Hashtag sein. Habt Mut zur Verteidigung von Gerechtigkeit, auch wenn ein paar Idioten euch dafür vielleicht haten. Blockiert die einfach und denkt euch euren Teil. Teilt keine Fotos und Informationen von anderen ohne deren ausdrückliches Okay. Fragt eure Mitschüler:innen vor dem Posten von Bildern, auf denen sie drauf sind, um ihre Erlaubnis. Privatsphäre ist ein grundlegendes Recht. Meine Oma hat immer gesagt: „So wie es in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus“, oder so. Respektvolle Kommunikation in Chats und sozialen Netzwerken ist deswegen total wichtig. Führt konstruktive, höfliche Diskussionen, auch wenn ihr anderer Meinung seid. Trolling oder Shaming sind nicht in Ordnung. Versetzt euch in andere hinein und seid respektvoll, auch zu Leuten mit anderer Meinung. Unterstützt zum Beispiel Beiträge, die Vielfalt zeigen und sich gegen diskriminierende Inhalte positionieren. Kampagnen wie Body Positivity zeigen, wie das Internet für positiven Wandel genutzt werden kann. Seid solidarisch mit Leuten, die von anderen klein gemacht werden und denkt einfach dran: Wir sind alle Menschen. Ich möchte euch gerne kurz von ein paar Leuten erzählen, die für mich Vorbilder für ethisches Verhalten im digitalen Raum sind. Hier seht ihr Max Schrems. Max ist Jurist, Autor und Datenschutzaktivist aus Österreich. Er kämpft für unser Recht auf unsere Daten. Ein Zitat von ihm, das ich sehr gut finde, ist „Grundrechte dürfen nicht käuflich sein.“ Er setzt sich dafür ein, dass Menschen nicht zur Ware in Daten Handelsgeschäften degradiert werden. Und das ist Timnit Gebru - eine echte Heldin, was KI angeht. Timnit war Co-Chefin der Abteilung für ethische KI bei Google und wurde im September 2020 von Google unter sehr merkwürdigen Umständen entlassen. Bei Google hatte sie mit anderen an einer Analyse über Risiken großer Sprachmodelle geschrieben. Google wollte nicht, dass diese Analyse veröffentlicht wird, weil sie angeblich nicht den internen Standards entsprach. Nach dem Konflikt um diese Analyse wurde ihr von Google mitgeteilt, dass man ihre Kündigung akzeptiert, obwohl sie überhaupt nicht gekündigt hatte. Und danach hat sie gesagt: „Wenn es dir nicht erlaubt ist, die Ethik der Technologie, die du entwickelst, zu hinterfragen, welchen Sinn hat es dann, das Ethikteam zu sein?“ Ihr Fall zeigt, wie schwierig es ist, ethische Prinzipien in profitgetriebenen Tech-Unternehmen durchzusetzen, besonders wenn die Geschäftsinteressen nicht zu einer sauberen Ethik passen. Ethisches Verhalten im Internet zeigt sich durch bewusste Handlungen. Übernehmt Verantwortung für das eigene digitale Handeln. Respektiert andere und tretet aktiv gegen Ungerechtigkeit ein. Ganz im Sinne von Kant. Digitale Verantwortung beginnt damit, sich zu fragen: „Dient das, was ich da gerade schreibe und poste, gerade dem Guten oder nicht?“ Okay, Leute, jetzt aber genug mit dem erhobenen Zeigefinger. Zeit für ein paar Challenges, mit denen ihr ethisches Verhalten in der digitalen Welt üben könnt - in der Klasse oder mit Freunden oder auch alleine. Versucht mal einen Tag lang nur positive, unterstützende oder ermutigende oder einfach nur nette Kommentare zu schreiben. Und damit übt ihr auf eine sehr nette Weise die ethischen Werte Respekt und Empathie. Und jetzt paar Challenges, die er gemeinsam machen könnt: Vergleicht mal, wie ihr online und offline ganz anders miteinander kommuniziert. Schreibt eine kritische Nachricht, so wie ihr sie online schreiben würdet und lest sie laut vor und fragt euch: „Würde ich das auch in einem persönlichen Gespräch miteinander so sagen?“ Und dann schreibt ihr die Nachricht so, dass sie respektvoll klingt. Und jetzt kommt PPP, das positive Powerprojekt. Entwickelt als Klasse eine Social Media-Kampagne für ein positives Thema, zum Beispiel ‚Hashtag No Hate‘ oder ‚Respect, online‘ oder ‚Digital Kindness‘. Alle machen mit und erstellen Beiträge, also Posts, Memes, Videos, um diese Botschaft zu unterstützen. Nach jeder Challenge könnt ihr in der Klasse darüber sprechen, was ihr gelernt habt. Hättet ihr euch online anders verhalten? Und warum? Welches Verhalten hätte Kant besser gefunden? Und würdet ihr euch jetzt im Internet anders verhalten als vorher? Okay, jetzt aber Feierabend. Ich bin mega geschafft von dem ganzen Gut sein, das bald.