Ein Dorf in Südindien Pulangudi, ein Dorf im Süden Indiens. Die meisten Bewohner sind Bauern, leben von dem, was sie auf ihren Feldern erwirtschaften. Es gibt hier einen kleinen Laden, und eine Schule, in der auch Xavier vor 25 Jahren lesen und Scheiben gelernt hat. Wo Deutschland liegt, wohin ihn sein Weg einmal führen wird, das hat er damals noch nicht gewusst. In Pulangudi gibt es auch eine große Kirche. Auch wenn die Christen in Indien nur eine kleine Minderheit von2,5 Prozent sind, so ist ihre Zahl im Süden des riesigen Landes, in den Bundesstaaten Kerala und Tamil Nadu, so groß, dass sie in manchen Dörfern die Mehrheit stellen. Freilich gibt es im Dorf auch kleine Tempel, in denen die Hindus ihre Gebete und Opfer darbringen. Das Zusammenleben von Christen, Hindus und Muslimen, hier im Süden Indiens ist das kein Problem. Dass alle Kinder des Dorfes zusammenlaufen, wenn Xavier nach Hause kommt, versteht sich von selbst. Und natürlich muss er viel erzählen von dem fremden Land Deutschland und wie man dort redet. Der Grund seines Besuches ist ein ganz besonderer. Ein großes Ereignis steht bevor. Zum ersten mal besucht Xavier seine Heimat als Priester. Am Sonntag wird er deshalb seine erste Hl. Messe im Dorf feiern. Für die Gemeinde, ein Fest, wie es hier lange nicht mehr stattgefunden hat. Und das ist die Familie von Xavier. Die Mutter hat lange auf diesen Besuch gewartet. Seit 2,5 Jahren ist es das erste Mal, dass Xavier wieder in sein Elternhaus kommt. Die ersten Verwandten sind bereits zu dem großen Ereignis angereist. Im Haus gibt es viel vorzubereiten. Auf dem Dorfplatz herrscht große Betriebsamkeit. Köche bauen eine Feuerstelle. In einem nahegelegenen Schuppen werden Vorbereitungen für das Festmahl getroffen. Der Platz vor der Kirche wird festlich geschmückt. Ob alt oder jung: jeder leistet seinen Beitrag. Messe in Südindien Letzte Vorbereitungen für den Gottesdienst. Im Pfarrhaus treffen die ersten Mitbrüder ein. Priester, die für Xavier auf dem Weg zur Weihe wichtig waren, Freunde, Lehrer, geistliche Berater. Die Zeit läuft dahin, und es ist nicht ganz leicht, Ruhe zu finden für einige Gedanken für die Messe. Und dann ist es soweit. Das ganze Dorf ist auf den Beinen. Gäste sind von weit hergekommen. Einen Priester aus den eigenen Reihen begrüßen zu können, ist hier etwas ganz besonderes. Da will jeder dabei sein. Was westlichen Besuchern vielleicht etwas übertrieben erscheinen mag, gehört in Indien bei so einer Gelegenheit einfach dazu. Wie eine Ikone fahren sie ihren Priester durch das Dorf. Bei dem Zug mag auch die hinduistische Vorstellung mitschwingen, dass Priester den höheren Kasten zugerechnet werden, und deshalb im Volk ganz besondere Verehrung genießen. Xavier ist bereits der 13. � � Priester in Pulangudi. � ���� � -Auch 18 Ordensfrauen stammen aus der Dorfgemeinschaft. Beleg dafür, wie attraktiv der geistliche Beruf für junge Inder erscheint. Der Zug durch das Dorf führt zur Kirche. Gemeinsam ziehen sie ein. Vor dem Altar eine Zeremonie, die uns fremd erscheint. Auch Elemente aus der hinduistischen Tempeltradition finden sich in der indischen Liturgie. Die Schale steht für die Anwesenheit Gottes. Das Licht symbolisiert Christus. Der aufsteigende Rauch der Räucherstäbchen steht für den göttlichen Geist und die Blume für die Schöpferkraft des Vaters. Am Altar spricht Xavier in seiner Gemeinde das erste mal die Worte, die Jesus bei seinem letzten Abendmahl gesprochen hat und die er nun so oft als Priester sprechen wird. Wie oft mag er sie gehört haben von Priestern, die ihm zum Vorbild geworden sind. Nun tritt er in ihre Fußspuren. Und dann wird natürlich gefeiert. Schon in der Kirche spielt der Tanz eine wichtige Rolle. Für Inder ist ein Gebet ohne Tanz, ohne die Möglichkeit Gott mit allen Sinnen zu loben, nicht denkbar. Nahtlos geht der Gottesdienst über in das Fest. Das Essen scheint vorzüglich zu schmecken. Bis tief in die Nacht wird getanzt, werden Stücke aufgeführt. Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen. Abschied von den Eltern, wann sie sich wieder sehen werden, ist ungewiss. Es ist eine gute indische Sitte, sich gegenseitig zu segnen. Xavier wird die Segenswünsche der Eltern brauchen können. Und so manches mal wird er sich im fernen Deutschland an sein Dorf erinnern, in dem ihm seine Landsleute ein so prächtiges Fest bereitet haben. Die Steyler Missionare Die Maas im niederländischen Örtchen Steyl. Wir schreiben das Jahr 1875. In Deutschland tobt der Kulturkampf. Arnold Janssen, ein Priester aus Münster hat sich in den Kopf gesetzt, junge Männer für seine Idee zu begeistern, überall auf der Welt das Evangelium zu verkünden. Eine Aufgabe, die – so finden einige – den einfältigen Mann überfordert. Doch weit gefehlt. Mit dem Kauf eines Wirtshauses schafft er den Ausgangspunkt für ein weltweites Unternehmen. Erste Gefährten schließen sich an, brechen von hier auf nach China, bald nach Japan, nach Indien. Der Anfang ist mühsam. Einige verlieren ihr Leben dabei, anderen gelingt es in fernen Ländern Fuß zu fassen. Sie studieren die Kultur, errichten Schulen, sorgen für eine Infrastruktur, bauen sogar eine eigene Flotte auf, leisten Pionierarbeit in Gebieten, die bisher von der Zivilisation abgeschnitten waren. Und sie predigen den christlichen Gott, der keine Opfer verlangt, sondern die Menschen von ihrer Angst befreien möchte. Aus den begeisterten Anfängen entwickelt sich bald ein internationales Unternehmen. Auf diese Weise kam auch Xavier nach Deutschland. In St. Augustin bei Bonn hat er Deutsch gelernt und Theologie studiert. Mit ihm Ordensbrüder aus Afrika, Papua Neuguinea, ja sogar aus China. So unterschiedlich ihre Mentalitäten sind, so sehr sich die Kulturkreise unterscheiden, denen sie entstammen, sie alle gehören zu der einen großen Familie der Steyler. Für die angehenden Missionare ist nicht nur das Studium der Theologie eine Kraftanstrengung. In St. Augustin sollen sie in allen Bereichen fit gemacht werden für die Aufgaben, die auf sie warten. Am Ende der Studien, nach praktischen Erfahrungen in Pfarreien, werden die jungen Männer zu Priestern geweiht. Vor diesem Altar hat auch Xavier seinem Orden versprochen, sich als Priester ganz in den Dienst der Verkündigung des Wort Gottes zu stellen. Wo sein Platz dafür sein wird, ob in Indien oder irgendwo sonst auf der Welt, das überlies er seinem Orden, der auch in Deutschland über eine Vielzahl von Einrichtungen verfügt. Schulen, Gemeinden, Bildungshäuser. Orte, mit großen Herausforderungen für junge Priester. Als Kaplan in Deutschland Einführungsgottesdienst für den neuen Kaplan aus Indien. In der Kirche: lichte Reihen und Gottesdienstbesucher, die eher der älteren Generation angehören. Ein Bild typisch ist für die meisten deutschen Pfarreien. Xavier, der aus seiner Heimat anderes gewöhnt ist, wird damit nicht nur mit einem Stück deutscher Kirchenrealität konfrontiert, sondern auch mit einer Mentalität, die Ausländern gegenüber nicht nur mit Offenheit begegnet. „Einer wollte nicht, dass ich als Ausländer die Beerdigung halte. Er wollte unbedingt, dass der Pfarrer die Beerdingung hält. Und auf einmal, als er gehört hat, dass der Kaplan, der indische Kaplan, der indische Priester, die Beerdingung halten wird, hat - ohne uns gesehen zu haben, ohne uns gehört zu haben - gesagt, nein, wir möchten gerne einen bayerischen Priester. Wenn nicht, einen deutschen Priester. Sowas gibt es. Aber als er hier war, dann hat er mich gesehen, wie ich anders war. Ich weiß nicht, was er erfahren hat. Ach so, dass ginge schon. Stimmt, wir wären sehr froh, wenn Sie das machen. Die Meinung ändert sich schnell wenn man persönlich das erlebt hat. „ Was Xavier viel mehr beunruhigt als Vorbehalte gegenüber ausländischen Priestern, ist der Pessimismus, den er in der deutschen Kirche vorfindet. Statt der Freude am Glauben, wie sie die jungen Kirchen überall auf der Welt prägt, begegnet ihm vielfach eine Art Totengräberstimmung. „Irgendwie, man ist pessimistisch hier, man denkt, jetzt wenige Kinder hier, niemand kommt in die Kirche, die Kirche geht unter, mir kommt es vor, als ob die Leute die Hoffnung verloren haben. Jeder hat gesagt, ja bei dir in Indien die Kirche lebt noch, bei uns nicht. Da hab ich gedacht, das stimmt nicht, die Kirche lebt auch hier. Nur ist man nicht bereit, das zu sehen.Und meine Aufgabe als Missionar wäre einfach, das sie entdecken lassen., Ich will nicht den Glauben vermitteln ,das will ich nicht, das ist allein die Aufgabe von Gott oder von Jesus Christus. Ich weiß, ich glaube an Gott und das will ich einfach leben, indem ich so lebe, merken die Leute auch, ja er ist ein Missionar. Mission heißt einfach Freude haben. Freude haben im Dienst, Freude haben einfach am Glauben, das ist Mission für mich. Die Kirche lebt noch auch hier in Deutschland, aber das merken wir nicht. Z..B. ich bin nicht sehr stolz darauf, indem ich hierher gekommen bin, tue ich oder gebe ich meinen Beitrag zu der deutschen Kirche und dann mache ich die Kirche wahrscheinlich lebendiger.“ Jugendarbeit Xavier geht ans Werk. An einem Wochenende holt er die Ministranten, die er in seiner ersten Kaplansstelle gewinnen konnte, nach München und lädt dazu die Kommunionkinder der Gemeinde und sonstige Interessenten. Der Funke springt über, und so sind aus einer Hand voll Ministranten bald an die 25 geworden. Die unkonventionelle Art des Inders steckte an. Der junge Kaplan hat nicht nur seine Art indische Art Speisen zuzubereiten mitgebracht, sondern auch das etwas andere Verständnis von Zeit. Zeit haben, für Inder bedeutet das nicht einen Termin wahr zu nehmen, sondern einfach da zu sein, und die Zeit dabei vielleicht sogar zu vergessen. Obdachlosenbetreuung Sonntagnachtmittag in einer Münchner Suppenküche. Die Schwestern von Mutter Theresa haben Obdachlose eingeladen. Alle 14 Tage hält Xavier für die Gestrandeten am Rande der Gesellschaft einen Gottesdienst. Schon in Indien hat er die Gemeinschaft der „Sisters of Charity“ kennen gelernt. Er war von ihrem Engagement so fasziniert, dass er in seiner Freizeit immer wieder zu ihnen kam, um bei ihnen mitzuarbeiten. „Es war schon manchmal schwieriger bei den Armen oder bei den Verletzten zu arbeiten, aber das hat mir viel Freude gemacht. Ich habe auch die Wunden gewaschen mit den Schwestern verbunden. Das war wirklich toll, da haben diese Menschen, die von der Straße geholt wurden, die haben Freude daran, wenn ein junger Menschen kommt und mit ihnen spricht, Zeit hat, da haben sie Freude daran, und das macht mir auch Freude.“ Für Xavier sind die Sonntage bei den Obdachlosen auch eine Möglichkeit, nicht über die Köpfe hinweg zu reden, sondern die Nöte und Ängste der Menschen hautnah zu erfahren. „Da spüre ich schon auch, was sie wirklich sind, was sie wirklich wollen, was sie alles durchgemacht haben, da lerne ich schon viel von ihnen. Ich lerne viel von den Obdachlosen.“ Die Arbeit bei den Schwestern von Mutter Theresa verbindet für Xavier nicht nur seine indischen Wurzeln mit der deutschen Realität. Für Xavier gehören Leben und Verkündigung untrennbar zusammen. Was wir reden und tun, meint er, muss zusammenpassen und so tut er sich auch schwer, wenn Deutsche ihre Kirche immer nur kritisieren. Für Xavier ist Kirche kein Gegenüber, sondern ein Gefüge, zu dem er gehört und das er täglich durch sein Handeln mitprägt. „Statt einfach zu klagen, warum Hierarchie, warum Priester, warum der Bischof, warum der Papst, nein statt der Kritik einfach zu sagen, ich kann auch etwas tun für meine Kirche und wenn jeder etwas tut für seine Kirche , dann haben wir schon etwas erreicht, dann werden wir schon entdecken, dann werden wir schon miterleben, die Kirche wird ja lebendig hier. Und das wünsche ich auch uns allen.“ „Mission heißt nicht nur so, dass man die frohe Botschaft verkündet, es ist auch ein Glaubensaustausch, Glaubenserfahrung, Erfahrungsaustausch, wie habe ich meinen Glauben erlebt, wie habe ich erfahren in Indien, was ist meine Gotteserfahrung, dann bin ich bereit hier in dieser Ortskirche einfach zu vermitteln, ja so habe ich in Indien meinen Glauben erlebt und Christus für mich ist der Meister, der Guru und so etwas lernen die auch, man verliert nichts. Eigentlich, man gewinnt nur was.“